Russland und seine islamischen Nachbarn

Institut für Islamfragen

Im Gespräch: Der Berater des russischen Präsidenten Putin erläutert das Verhältnis seines Landes zur islamischen Welt

(Institut für Islamfragen, sh, 13.07.2006) Anlässlich der Tagung der „Organisation Islamische Konferenz“ (OIC) und Russlands Status als Beobachter hierbei führte der Nachrichtendienst RIA ein Interview mit dem Berater des russischen Präsidenten, Aslambek Aslachanow durch. Im Mittelpunkt dieses Interviews stand die Frage nach der Rolle Russlands in Zusammenarbeit mit der islamischen Welt und damit verbunden die Anfrage, welche Aufgabe das Land bei der Terrorbekämpfung habe und wie die Beziehung in diesen Fragen zu den USA zu bewerten sei.

Aslachanow erläuterte, dass Russland als Weltmacht sich nicht aus den Prozessen in der islamischen Welt heraushalten könne. Russland sehe sich als Vermittler zwischen den Kulturen; die 20 Millionen russischen Muslime und das lange Zusammenleben der Kulturen auf russischem Boden sprächen für Russland. Auch der Kampf gegen den Terrorismus trüge zu verbesserten Bedingungen bei und wehre gleichzeitig Risiken für Russlands eigene Nationalsicherheit ab. Er machte jedoch auch deutlich, dass die wirtschaftlichen Interessen seines Landes gerade in den arabischen Ländern und insbesondere in der Golfregion nicht zu unterschätzen seien. Diese Region sei vor allem „als Absatzmarkt für Waffen und Kriegstechnik und als zukünftiger Partner in der Energiewirtschaft und in der High-Tech-Industrie“ für Russland von Interesse.

Auf die Frage nach der Beziehung zu den USA als Akteure im Nahen Osten und der islamischen Welt antwortete Aslachanow, die beiden Staaten seien hier zweifelsohne Rivalen. Russland betriebe eine selbstständige Politik und agiere unabhängig, was von den USA jedoch scheinbar noch nicht wahrgenommen werde. Man arbeite zwar zusammen, beispielsweise im so genannten „Nahostquartett“ mit der UNO und der EU als gemeinsamen Partnern bei der Verfolgung der Roadmap, doch lehne Russland eine Politik „im Fahrwasser“ der USA ab. Partner wäre man in jenen Fällen, in denen eigene Nationalinteressen nicht beeinträchtigt seien. Den Irakkrieg bezeichnete er als „ein offensichtliches Fiasko der amerikanischen Außenpolitik“, das nun eine zunehmende Islamisierung der Region zur Folge habe. Dies wiederum habe Folgen für Russlands unmittelbar benachbarte Regionen, weshalb das Land hier als Unterstützer der USA auftreten müsse.

Zur Haltung gegenüber dem Iran im Atomstreit betonte der Berater Putins, dass Russland unter den Bedingungen der IAEO und unter der Bedingung der Nutzung zu friedlichen Zwecken weiterhin den Iran unterstützen werde und das Angebot der Urananreicherung in Russland und russische Entsorgung des Atommülls nicht vernachlässigt werden sollte. Eine mögliche Gefahr fürchte indes auch Russland, insbesondere aufgrund der geographischen Nähe. In der Außenpolitik gäbe es Übereinstimmungen, wie die Stabilisierung des Kaukasus. Vor allem aber sei der Iran auf energiewirtschaftlichem Gebiet ein bereits geschätzter Partner, wie einige Kooperationen zeigten.

Hier führte Aslachanow noch weitere Beispiele mit anderen islamischen Ländern an, wie beispielsweise ein Gemeinschaftsprojekt mit Italien und der Türkei oder die Planung einer Gasleitung Iran-Pakistan-Indien unter möglicher Mitwirkung der russischen Gesellschaft „Gasprom“. Im Stadtzentrum Moskaus sei zudem ein Geschäftskomplex mit Büros großer islamischer Firmen, Hotels und Geschäftszentren geplant.

Das Interview zeigte deutlich, dass Russland die islamische Welt als (Handels-)Partner akzeptiere und auf eine ausgewogene Politik mit den Nachbarn bedacht ist. Die Haltung gegenüber den USA ist von keiner generellen Linie gezeichnet, sondern abhängig von den eigenen Interessen Russlands im jeweiligen Fall.

Quelle: de.rian.ru/analysis/20060703/50807376.html