Eheschließung: Zeremonie

Institut für Islamfragen

Nach wie vor werden viele Heiraten von den Eltern der Eheleute arrangiert, wenn auch nicht mehr so häufig wie in der Vergangenheit. Als besonders glücklich und vorteilhaft gelten Ehen zwischen Cousin und Cousine. Zum einen bleibt der Besitz innerhalb der eigenen Familie erhalten, zum anderen kennen sich die Familien und können einen möglichen Verlauf der Ehe besser abschätzen und nicht zuletzt hat die Familie im Konfliktfall mehr Möglichkeiten, auf die Eheleute einzuwirken, wenn eine Ehe zu scheitern droht.

Kommt es zur Heirat, wird ein zivilrechtlicher Vertrag als Ehevertrag zwischen dem Bräutigam und dem gesetzlichen Vertreter der Braut geschlossen. Dieser Vertrag regelt als wichtigen Punkt die Höhe des Brautgeldes, das die Braut zu einem Teil bei der Eheschließung erhalten soll, während ein zweiter Teil der Frau im Falle der Scheidung oder des Ablebens des Ehemanns ausgezahlt wird. Diese Brautgabe bleibt immer Eigentum der Frau. Sie kann – zumindest theoretisch – nicht dazu gezwungen werden, mit ihrem Vermögen zum Unterhalt der Familie beizutragen. Allerdings wird im Fall einer Scheidung nicht selten der ausstehende zweite Teil der Brautgabe gegen das Sorgerecht für gemeinsame Kinder „getauscht“, womit seine Zahlung umgangen wird.

In einigen islamischen Ländern ist eine Einbeziehung staatlicher Behörden bei der Eheschließung bis heute nicht notwendig. Dort wird die Heirat von einem Imam unter Anwesenheit zweier Zeugen – die Braut muß nicht anwesend sein, da ihr Vertreter für sie handelt – geschlossen werden. Andere Länder verlangen eine staatliche Registriertung der Ehe; meist wird dort auch die traditionell für den Mann sehr einfache Scheidung durch Auflagen wie Versöhnungsversuche erschwert.

Die Eheschließung erhält keinen besonderen Segen Gottes; es wird auch kein Treueversprechen gegeben. Die Ehe ist nicht auf Exklusivität zweier Partner angelegt. Für den Mann besteht (außer in der Türkei und Tunesien) prinzipiell immer die Möglichkeit, später eine zweite Frau hinzuzuheiraten, was er insbesondere bei Unfruchtbarkeit seiner Erstfrau und bei vorhandenen finanziellen Möglichkeiten in Erwägung ziehen wird. In heutigen Eheverträgen lassen sich Frauen nicht selten das Recht auf Scheidung zusichern für den Fall, daß der Mann eine zweite Ehe eingeht.