Pressemitteilung zur Besetzung des Gazastreifens durch die Hamas

Institut für Islamfragen

Hamas will Recht und Ordnung im Gazastreifen unter den Fittichen des Islam

B O N N (9. Juli 2007) – Für den Fall, dass die Hamas die vollständige Kontrolle über das palästinensische Volk im Gazastreifen gewinnen sollte, sind Islamisierungsmaßnahmen der Gesellschaft – wie die Kopftuchpflicht für Frauen aller Religionen – nicht auszuschließen, erklärt Carsten Polanz vom Institut für Islamfragen anlässlich des palästinensischen Bruderkrieges zwischen der Hamas und der Al-Fatah. Nicht zufällig hat jüngst die Terrororganisation Al-Qaida der Hamas die Einführung des islamischen Gesetzes (scharia) empfohlen. Die Hamas will nach eigenen Angaben Recht und Ordnung im Gazastreifen wieder herstellen. Das geht laut Artikel 31 ihrer Charta nur unter den Fittichen des Islam.

Soziales Engagement und kompromissloser Kampf

Die islamische Widerstandsbewegung Hamas – wörtlich Eifer oder Engagement – entstand im Zuge der ersten Intifada 1987 als militärischer Arm der palästinensischen Muslimbruderschaft und verknüpft den arabisch-palästinensischen Nationalismus mit einer islamischen Identität des Befreiungskampfes. Ähnlich wie ihre Gesinnungsgenossen in Ägypten und Jordanien nach dem Sechs-Tage-Krieg von 1967 fordert die Hamas eine Re-Islamisierung der Gesellschaft. Wie die Hizbollah im Libanon hat die palästinensische Muslimbruderschaft durch ihr Engagement im Gesundheits-, Bildungs- und Sozialbereich gerade unter der ärmeren Volksschicht eine große Anhängerschaft gewonnen. Ihre Kompromisslosigkeit im Kampf gegen die israelische Besatzungsmacht während der ersten Intifada hat sie zur zweitgrößten palästinensischen Organisation nach al-Fatah aufsteigen lassen. Die notwendigen finanziellen Mittel kamen in der Vergangenheit vor allem aus Saudi-Arabien, Syrien, Iran und Kuwait.

Zwiespältiges Verhältnis zur PLO und Hass gegen alle Juden

Das Verhältnis der Hamas zur PLO im Allgemeinen und zur Al-Fatah von Mahmud Abbas im Besonderen ist zwiespältig. Während die Charta der Hamas die PLO als Vater, Bruder und Freund bezeichnet, übt sie scharfe Kritik an westlichen Einflüssen des Säkularismus und Imperialismus auf die Organisation. Die Vertreibung der Al-Fatah aus dem Gazastreifen wird von Hamas-Aktivisten als „zweite Befreiung“ gefeiert. Der Al-Fatah und Mahmud Abbas wirft man Kollaboration mit den USA und Israel vor. Der innerislamische Krieg ist keine Neuheit und Seltenheit in der islamischen Geschichte. Immer wieder rechtfertigen einzelne islamistische Gruppierungen ihren bewaffneten Kampf gegen vermeintliche Heuchler in den eigenen Reihen mit dem Vorwurf der Kollaboration mit den Feinden der Religion, wie ihn bereits Mohammed im Koran erhoben hat.

Hass und Verschwörungsvorwürfe gegen alle Juden

Anders als viele arabische Nationalisten steht die Hamas nicht nur dem Zionismus, sondern allen Juden grundsätzlich feindlich gegenüber und möchte „die Fahne Gottes über jedem Fußbreit Palästinas […] hissen“. Den Juden wird in Anknüpfung an judenfeindliche Passagen des Korans Verschwörung vorgeworfen und unter anderem die Schuld für die Französische Revolution, den Bolschewismus sowie die beiden Weltkriege gegeben. Die Hamas leugnet den Holocaust. Dementsprechend lehnte man traditionell in Reaktion auf Verhandlungsbereitschaft der PLO jegliche Kompromissbereitschaft und territorialen Zugeständnisse an Israel als Verrat an der Religion ab. In den Neunziger Jahren verübte die Hamas etliche Selbstmordattentate in Israel und bis heute wird sie unter anderem von der EU und den USA als terroristische Organisation eingestuft. 2004 hatte die israelische Luftwaffe mit gezielten Schlägen die beiden Hamasführer Scheich Yassin und Rantisi getötet. Nachdem man an den letzten palästinensischen Wahlen teilgenommen hatte und sogar an der Regierung unter Abbas beteiligt war, deutet nach dem Bruderkrieg der letzten Wochen alles auf eine erneute Radikalisierung der Bewegung hin.

Zum freien Abdruck, auch einzeln und auszugsweise – Belegexemplar erbeten.