Was bedeutet der Koranvers: ‚Und hätte Allah es gewollt, hätte Er euch sicherlich zu einer einzigen Gemeinde gemacht; jedoch Er lässt irregehen, wen Er will, und führt recht, wen Er will‘ (Sure 16,93)?

Institut für Islamfragen

Rechtsgutachter: Der Permanente Ausschuss für die wissenschaftlichen Forschungen und Rechtsgutachten unter der Leitung des Rechtsgelehrten Abdul-Aziz bin Baz, der u.a. stellvertretender Direktor der Islamischen Universität von Medina und bis zu seinem Tod 1999 Großmufti Saudi-Arabiens war und sich vehement für eine grundlegende Islamisierung der saudischen Gesellschaft einsetzte.

(Institut für Islamfragen, dh, 24.06.2018)

„Allah, sei erhoben, er verfügt über die Macht zur Rechtleitung. Allah führt recht, wen er möchte, und führt irre, wen er möchte. Sein Knecht [der Mensch] verfügt nicht über [diese Macht]. Der Knecht kann nur Allah anbeten, ihn anflehen und ihm gehorchen, und dies auf eine ernsthafte Art und Weise. Allah entscheidet, d.h. er führt recht, wen er möchte, und führt irre, wen er möchte. Allah verfügt über extreme Weisheit.

Der Knecht bittet Allah um Rechtleitung, wie es im Koran heißt: ‚Führe uns den geraden Weg‘ (Sure 1,6)“

Quelle: https://binbaz.org.sa/fatwas/16263/%D8%AA%D9%81%D8%B3%D9%8A%D8%B1-%D9%82%D9%88%D9%84%D9%87-%D8%AA%D8%B9%D8%A7%D9%84%D9%89-%D9%8A%D8%B6%D9%84-%D9%85%D9%86-%D9%8A%D8%B4%D8%A7%D8%A1-%D9%88%D9%8A%D9%87%D8%AF%D9%8A-%D9%85%D9%86-%D9%8A%D8%B4%D8%A7%D8%A1

Kommentar (cp): Diese Stellungnahme berührt ein zentrales Thema jahrhundertealter innerislamischer Kontroversen. Angesichts zahlreicher Koranverse, die alle Werke und auch den Glauben und Unglauben des Menschen auf die göttliche Vorherbestimmung zurückführen (u.a. 6,39 und 57,22), entwickelten in frühislamischer Zeit die so genannten Djabriten (von djabr = Zwang) eine strenge Prädestinationslehre. Ihnen widersprach Anfang des 9. Jahrhunderts die rationalistische Schule der Mutazila. Sie bejahten die Allmacht Gottes, aber verteidigten zugleich mit Bezug zu anderen Koranstellen (u.a. Sure 18, 29 und 40,17) die menschliche Entscheidungs- und Handlungsfreiheit, ohne die es für sie keine gerechte göttliche Vergeltung menschlicher Sünden geben konnte. Im 10. Jahrhundert suchten die Asch’ariten einen Mittelweg und unterschieden zwischen dem von Gott bestimmten Zustandekommen aller Taten und der moralischen Verantwortung des Menschen für deren Aneignung. Diese Denkschule dominiert bis heute (trotz damaliger und heutiger Einwände) den innerislamischen Diskurs.

Bitte beachten Sie, dass die (auszugsweise) Übersetzung derartiger Rechtsgutachten der Darstellung und kritischen Auseinandersetzung mit Verlautbarungen von islamischen Meinungsführern und einflussreichen rechtswissenschaftlichen Gremien dienen und keineswegs die Meinung der Internetseitenbetreiber wiedergibt.